Dokumentation der Weichenentwicklung der Wavetube 152

Wir wollen an dieser Stelle Interessierten die Entwicklung der Weiche der Wavetube 152 in groben Schritten erläutern. Obwohl wir in verschiedenen Stadien der Entwicklung unterschiedliche Trennfrequenzen sowie Filtersteilheiten und damit teils andere Bauteilwerte in der Schaltung hatten, war die grundlegende Topologie der Schaltung, die wir hier erklären, davon unbetroffen. Hier zunächst das systematische Layout der Weiche:

Anhand des FG des unbeschalteten TMT wird ersichtlich, warum die Beschaltung aus drei Elementen besteht:

Die Linearisierung der Impedanz des TMT wirkt sich nicht auf den FG des Chassis aus:

Im Folgenden wird deutlicher, warum es zur Beschaltung neben Filter und Saugkreis noch die Linearisierung der Impedanz braucht. Das geplante Filter wirkt (s. nächste Abbildung) nicht so wie vorgesehen, wenn der Impedanzanstieg nicht korrigiert wird.

Die gestrichelte Linie zeigt hier den Verlauf, wie er sich ohne Linearisierung eingestellt hätte. Der Anstieg im FG zwischen 1 und 2kHz hätte in der Modellierung der Flanke Probleme gemacht. Mit Linearisierung gilt es dann nur noch ein Problem (unten rot markiert) zu lösen:

Hier kommt jetzt das dritte Element der Beschaltung des TMT zum Einsatz. Der Saugkreis begradigt die Störung und Reste des Baffle-Step:

Das Resultat der drei Maßnahmen ist ein linearer FG mit schön sauber verlaufender Flanke. Der FG ist dabei ganz leicht fallend zur Trennfrequenz hin gestaltet, weil bereits eingeplant ist, dass im Bereich der Überlappung der Chassis hier Anteile aus der Flanke des HT 'auffüllen' werden. Diese leicht fallende Charakteristik lässt sich sehr schön über die Widerstände in Tiefpass und Saugkreis regulieren. Fehlt also nur noch der HT, der passend gestaltet werden muss. Unbeschaltet sieht der so aus:

Der HT scheint bei ca. 3kHz den Pfad der Tugend etwas zu verlassen. Dies ist in der Praxis aber nicht wirklich schlimm, weil bei Trennung zwischen 2-3kHz diese Senke aufgefüllt wird. Trotz dieser minimalen Senke, die aus dem Einbau des Chassis in die relativ schmale Schallwand resultiert, ließe der HT einige Varianten der Beschaltung zu, bei denen er zwischen 2 und 20kHz absolut linear läuft. Erst wenn man noch deutlich darunter trennt, würde sich diese Senke im FG der Gesamtbox zeigen. Mit der von uns gewählten etwas höheren Trennung umgehen wir diesen Einbruch auf Achse und verhindern eine Aufweitung unter Winkel. Das Filter für den HT wirkt so:

Das ist eigentlich noch ziemich weit weg von der gewünschten Linearität, denn der HT ist nicht nur zu laut, sondern er zeigt auch eine stark fallende Charakteristik. Beide Problemstellungen werden vom Spannungsteiler behoben und der FG des HT passend zum FG des TMT gestaltet:

Auch hier zur geplanten Trennfrequenz wieder eine leicht fallende Tendenz, weil davon auszugehen ist, dass Anteile aus der Flanke des TMT auffüllen. Diese Charakteristik lässt sich insbesondere durch Gestaltung der Widerstandswerte im Spannungsteiler beeinflussen. Beide Filterflanken addieren sich dann auch schön zum absolut linearen FG auf Achse:

Die Weichenentwicklung zeigt hoffentlich, wie die Elemente der Beschaltung ineinandergreifen und sich zu einem gelungenen Gesamtkonzept fügen. Ein generalisierbares Vorgehen lässt sich daraus natürlich nicht ableiten, weil alle Töner spezifisch auf Einbau in eine Schallwand und auf Beschaltung reagieren. Andere Töner brauchen je nach Beschaltung ggf. keine Linearisierung, sind eher mit einem Sperr- als mit einem Saugkreis in den Griff zu kriegen, können im Pegel durch einen einfachen Serienwiderstand gesenkt werden, etc. Wir hoffen aber, dass trotz dieser Variablen, die ein Patentrezept unmöglich machen, deutlich wird, wie sich aus den FGs der unbeschalteten Chassis die Weichentopologie fast logisch ableitet.

Das evtl. Ärgerliche für Einsteiger ist, dass es eben kein wirkliches Patentrezept gibt. Während der erfahrene Entwickler auf die FGs der unbeschalteten Töner blickt und im Geiste schon die Wirkungen möglicher Beschaltungsmaßnahmen durchspielt, steht der Anfänger hier evtl. wie der sprichwörtliche 'Ochs vorm Berg'. Daher mag als grobe Richtschnur gelten, dass sich die Topologie der Weiche an den 'Bedürfnissen' der Chassis orientiert, die der Entwickler aus den unbeschalteten Frequenzgängen der jeweiligen Chassis 'lesen' muss.

Um ein Gespür dafür zu bekommen, welche Filter und Korrekturmöglichkeiten der Entwickler 'im Köcher' haben sollte und wie Bauteilwerte in etwa zu dimensionieren sind, um den FG wie gewünscht zu beeinflussen, empfehle ich z.B. die Lektüre von hifi-selbstbau.de. Dort widmen sich Theo und Pico ausführlich und sehr anschaulich den Wirkungen von einzelnen Schaltungselementen. Die ersten drei Artikel der Serie zu passiven Frequenzweichen sind nicht nur kostenlos verfügbar, sondern auch sehr anschaulich erklärt. Ohne einige Grundlagen und etwas Theorie geht es eben nicht!

Fazit: Wer weiß, wie einzelne Schaltungen und Korrekturmaßnahmen wirken, kann am FG der unbeschalteten Chassis in der Regel schon eine sinnvolle Topologie einer möglichen Weiche 'ableiten'. Ob der geplante Weg dann in der Praxis auch gangbar ist und wie einzelne Bauteile zu dimensionieren sind, steht natürlich immer noch auf einem anderen Blatt. Am Ende helfen schlicht nur Kenntnisse und Erfahrung, die sich mit jedem neuen Projekt erweitern. Wir hoffen aber aufzeigen zu können, dass sich sinnvolle Frequenzweichenschaltungen nicht per Trial & Error ergeben, sondern Resultat einer zielgerichteten Planung anhand der unbeschalteten Einzel-FGs der jeweiligen Chassis sind.

Stand 13.11.2015