Breitband-Projekt für Einsteiger in verschiedenen Abstimmungen und Beschaltungen / günstiger Alltags-Lautsprecher nach eigenem Gusto

Bereits vor mehr als zwei Jahren habe ich mit dem günstigen und optisch sehr gefälligen W3-594A von TangBand einen kleinen Lautsprecher für die musikalische Untermalung auf der Terasse entwickelt. Wirklich richtig dokumentiert habe ich den Lautsprecher aber eigentlich nie. Als ich die Lautsprecher nun aber für den Winter einmotten wollte, kam mir die Idee, dieses günstige Projekt endlich mal online zu stellen. (Die Doku basiert dabei auf den Simulationen, die anhand von Messungen des Töners im Gehäuse entstanden sind und sich mit Kontrollmessungen der fertigen Box identisch zeigen.)

Dieses Projekt ist in meinen Augen nicht nur deswegen wert, dokumentiert zu werden, weil es sehr preiswürdig ist, sondern weil es dem Nachbauer bzgl. der Gehäuseabstimmung eine Reihe von Möglichkeiten eröffnet und dazu in zwei Schaltungsvarianten daherkommt, die in Bezug auf die Abhörsituation Spielräume lassen. Daher kann sich der Einsteiger hier 'austoben' und den meinerseits gemachten Vorschlag nach seinem Geschmack für seine Bedürfnisse anpassen. Es gibt allerdings eine Einschränkung, die hier fairerweise gleich genannt werden sollte! Dieser Töner ist in seiner technischen Auslegung nicht dafür gedacht, höhere oder gar hohe Lautstärken zu produzieren. Wer gern höhere Abhörpegel fährt oder einen LS für echte  Beschallung seiner Terasse sucht, kann hier aufhören, zu lesen. Wer aber einen günstigen Lautsprecher sucht, der in verschiedene Situationen das Geschehen qualitativ hochwertig untermalt, oder wer gern gehobene Zimmerlautstärke fährt und dies in vorzüglicher Qualität, kann sich hier für die berüchtigte 'schmale Mark' einen guten und günstigen Alltagsbegleiter nach seinem Geschmack bauen.

Ich habe dem Töner, weil er auf der Terasse ohne Subwoofer laufen sollte, ein 6,5L BR-Gehäuse gegönnt:

Das ist trotz der erhöhten QT des Treibers bei leichter Betonung im Oberbass sehr linear und mit Mitte 60Hz für einen 3-Zoll-Treiber auch hinreichend tief. Mit gängigen Simulations-Programmen und den TSP aus dem Datenblatt lassen sich weitere mögliche BR-Abstimmungen generieren. Natürlich ist auch der Einsatz in einem geschlossenen Gehäuse problemlos möglich; selbst in TQWT würde der Töner funktionieren. Aufgrund der Begrenzung bzgl. des Hubvermögens habe ich den Töner aber gar nicht erst in TQWT simuliert, sondern bin obigen Kompromiss gegangen, der bis zur gehobenen Zimmerlautstärke prächtig funktioniert. Bei 6,5 Litern bedarf es hier eines Rohres mit 4,4cm Durchmesser bei ca. 12cm Länge.

Ich habe im einleitenden Absatz bereits formuliert, dass der Nachbauer sich hier 'austoben' kann und den Lautsprecher variieren kann. Die einzige Einschränkung dabei ist, dass sich alle Messungen und Simulationen des Frequenzgangs auf eine Schallwandbreite von 15,5cm beziehen, in welcher der Töner mittig mit 8,5cm Abstand zur oberen Gehäusekante sitz. Leichte Abweichungen davon in der Größenordnung von bis zu 10% halte ich für tolerierbar. Für Abweichungen darüber hinaus wären vermutlich eigene Messungen und veränderte Beschaltungen angebracht. Hier mein Gehäuse-Entwurf als grobe Richtschnur für Nachbauten:

Zuschnitt FR Smart by Gazza
(alle Teile in 16mm Stärke)
- 2 Front- bzw. Rückwand:     12,2 cm x 29,5cm
- 2 Seitenwände:                       23,3 cm x 29,5cm
- 2 Deckel:                                   12,2 cm x 19,8cm   

 

Dies stellt, wie gesagt, meine Variante dar, die unter weitgehender Beibehaltung der Schallwandbreite und der Chassis-Position nach eigenem Gusto verändert werden kann, ohne dass die Weichenschaltung(en) davon betroffen ist / sind. Nun aber eben zu selbigen Beschaltungsvarianten. Der Töner misst sich unbeschaltet in beschriebener Einbausituation wie folgt:

Der Anstieg im Mittelton-Bereich ist nicht ungewöhnlich und gehört natürlich entzerrt. Es bieten sich (aus meiner Sicht) hier zwei Beschaltungen an. Einmal 'klassisch' mit zwei Sperkreisen; und einmal Sperrkreis mit Überbrückung. So sieht die klassische Variante aus:

Man sieht an den Impedanzspitzen bei 2kHz und knapp 10kHz, wie die beiden Sperrkreise den Frequenzgang ebnen. Es bleibt dabei im Superhochton eine deutliche Überhöhung, die aber bereits unter 15° Abhörwinkel erheblich reduziert ist. In dieser Variante ist der Töner vorbildlich linear und im extremen Hochton-Breich entsprechend präsent. Diese Variante würde ich bevorzugen für Abhörsituationen, bei denen die Box zum Hörplatz nicht eingewinkelt wird und angrenzende dämpfende Flächen (Teppich, Gardinen, Vorhänge, Regale, etc. ... ) etwas Energie absorbieren. Die Sperrkreise dafür sehen so aus:

Das ist weder teuer noch klanglich schlecht; im Gegenteil: das ist bei dem Preis grandios linear. Trotzdem bin ich für meine Zwecke einen anderen Weg gegangen, den ich hier vorstellen möchte. Dabei habe ich ein Filter gewählt, das ab einer bestimmten Frequenz den gesamten Frequenzgang senkt. Dieses sog. 'Shelving Filter' aus Spule und Kondensator wirkt folgendermaßen:

Dieses Filter senkt bereits ab ca. 500Hz den gesamten Pegel. Dadurch ist auch der Anstieg im Superhochton etwas gemildert, aber es entsteht auch eine Senke zwischen 2 und 7 kHz. Und diese wird 'aufgefüllt', indem der Sperrkreis überbrückt wird. Der Bereich, in dem der Sperrkreis überbrückt werden soll, wird durch eine Spule und einen Kondensator, die hintereinander parallel zum Shelving-Filter geschaltet werden, festgelegt. Die Stärke der Überbrückung wird durch einen Widerstand bestimmt. Sieht so aus:

Das wirkt sich im FG so aus, dass die Senke in dem Maße gefüllt wird, wie der Widerstand die Wirkung der Überbrückung einschränkt bzw. zulässt. Mit 2,7 Ohm ist die Wirkung der Überbrückung so eingestellt, dass sie sich bzgl. des Pegels des Töners linear verhält:

Mit dieser Beschaltung lässt sich ein Bauteil sparen und der FG zeigt sich auch im Superhochton sehr kultiviert. Das ist die Version, in der ich die Box betreibe, weil wegen schallharter angrenzender Flächen (Mauerwerk) kein Pegel absorbiert wird und sie auf den Hörplatz eingewinkelt wird. Trotzdem kann es je nach Aufstellung und Vorliebe auch Sinn machen, sich diesen 'Glanz' durch die leichte Übertreibung im HT bei der klassischen Beschaltung zu erhalten (zumal sich diese unter Winkel deutlich reduziert). Aber wie ich es schon in der Einleitung gesagt habe: dieses Projekt lädt zum Ausprobieren und Variieren ein. Der Töner ist dabei in der maximalen Lautstärke begrenzt, macht aber im Alltag einfach nur Spaß, weil er im relevanten Bereich mit beiden Beschaltungen sehr ausgewogen und angenehm spielt.

Fazit: Kostet wenig + guter Treiber + klingt toll + lässt viele Freiheiten = Machen!

Stand Dezember 15

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Ande (Samstag, 09 Februar 2019 17:28)

    Hallo,

    grundsätzlich verstehe ich die Schaltung schon, nur erschließt sich mir nicht, wie die Werte der Bauteile errechnet werden. Gibt es dafür entsprechende Formeln oder woran muss man sich orientieren?

    Viele Grüße

    Ande

  • #2

    Gazza (Donnerstag, 03 Oktober 2019 15:11)

    Moin,

    die Schaltung lässt sich nicht rein berechnen, weil die Impedanz des Chassis nicht über den gesamten Frequenzverlauf identisch ist. Deshalb müssen der Frequenzgang des Chassis im Gehäuse und der Impedanzgang gemessen werden. Mit diesen Daten errechnen dann einschlägige Simulationsprogramme die Frequenzverläufe bei bestimmten Schaltungen. Bei einfachen Breitband-Projekten kann es auch reichen, den FG zu messen und das Programm die Impedanz berechnen zu lassen. Mindestanforderung für eine halbwegs verlässliche Simulation sind immer Lautsprechermessungen.
    Online Rechner für Bauteile taugen für ernsthaften Lautsprecherbau nicht.

    LG Gazza