Auch der linearste Frequenzgang im Herstellerdatenblatt eines HT ist nichts wert, wenn das Chassis sich im geplanten Gehäuse in Interaktion mit der jeweiligen Position auf der Schallwand dann ganz anders als erwartet verhält. An der sinnvoll gewählten Position des HT entscheidet sich in nicht unerheblichem Maß, wie der fertige Lautsprecher später klingt. Diese Position hat nicht nur erheblichen Einfluß auf den Achsen-FG, sondern wirkt sich insbesondere unter Winkeln aus und kann damit über Wohl und Wehe des ganzen Konzepts entscheiden.
Ich nutze daher vor dem Bau des ersten Testlautsprechers häufig einfache Bretter als Testschallwände, um zu messen, welches Verhalten in einer bestimmten Position des HT zu erwarten ist. Mit etwas Erfahrung hat man damit nach wenigen Versuchen dann recht zuverlässig eine mindestens ordentliche und oft auch nahezu optimale Position gefunden. Simulationswerkzeuge wie 'Edge' etc. bieten dabei im Vorfeld gute Anhaltspunkte. Eine weitere Hilfe dabei scheint das sehr umfangreiche Programm VituixCad zu bieten, das so realitätsnahe zu simulieren scheint, dass man sich darauf beschränken kann, eine mit dem Programm als optimal simulierte Position lediglich noch einmalig messtechnisch zu bestätigen. Erste Versuche der D.A.U.-Mitglieder legen sogar nahe, dass VituixCad so genau arbeitet, dass man sich auch ohne vorherige Messungen darauf verlassen kann, mit dem Programm die ideale Schallwandgeometrie für den Lautsprecher zu finden. Das Programm ist insgesamt noch deutlich umfangreicher. Hier stelle ich nun zunächst das Diffraction-Tool des Programms vor, mittels dessen sich obige Aufgabe bewerkstelligen lässt.
Man klickt im Hauptfenster des Programmes auf 'Tools' und wählt dann 'Diffraction' aus. Es öffnet sich folgender Bildschirm mit Einstellungsmöglichkeiten.
Man sieht einen geraden Strich, der einen idealen Töner auf unendlicher Schalland simuliert; daher eben der schnurrgerade FG. Man gibt nun die jeweiligen Daten ein und übernimmt die Einstellungen mit Klick auf 'New'; ggf. muss man in einem Pop-up bestätigen, dass man eine neue Schallwand simulieren will.
Nun sieht man (ähnlich wie bei Edge), wie der 'ideale Treiber' auf den Einbau in die gewählte Schallwand reagieren würde. Das ist im Prinzip schon recht nett und eine Entscheidungshilfe, aber man darüberhinaus jetzt sogar noch Messdaten von Tönern, die auf Normschallwand gemessen wurden, laden, um zu sehen, wie der spezielle Töner sich bei Einbau in die Schallwand verhält.
Dazu muss man nach Wahl des Treibers dann nur noch das Kästchen 'Full space' aktivieren.
Nun kann man mit der Maus den Töner so auf der Schallwand verschieben, wie man es gern hätte; der FG verändert sich dabei direkt mit. Die geometrisch genaue Position ist ablesbar. Bitte darauf achten, das Micro auch zu verschieben, denn man wird später ja auch in 1m Entfernung in etwa auf Achse des HT messen.
Wenn man so nun die optimale Position für den Achsen-FG gefunden hat, bietet Vituix sogar noch die Möglichkeit, das Verhalten unter Winkel zu simulieren. Dazu nur 'Feed' aktivieren und 'Export' klicken. Wer auch am vertikalen Response interessiert ist, aktiviert das Kästchen ensprechend mit.
Nach dem Klick auf 'Export' muss man nur noch abspeichern und im Hauptfenster von Vituix erscheint folgendes Bild.
Man bekommt durch das Diffraction Tool also in wenigen Minuten die perfekte Position für den HT simuliert. Und das Schöne dabei ist, dass, falls man keine
DIN-Messung des Chassis hat, diese Simu auch mit getracten FGs der Hersteller-Datenblätter hinreichend genau funktioniert. Hier noch der Beleg, wie genau das Programm selbst mit nur grob
getracten Daten funktioniert. Zunächst eine Messung eines HT in Testschallwand, die ein D.A.U.-Mitglied angefertigt hat.
Hier der gleiche Töner mit dem getracten FG aus dem Datenblatt in Simulation mit VituixCad:
Das ist nicht nur nahe dran, sondern fast deckungsgleich. Das Diffraction Tool von VituixCad scheint also für das Problem des Findens der Position des HT eine gute Lösung zu bieten. Im nächsten Artikel zu VituixCad werde ich zeigen, wie man mit dem Trace-Tool Frequenzgänge aus den Datenblättern der Hersteller entnehmen kann. Stay tuned!
Stand Jan. 2018